Montag, 14. Mai 2007

20˚ Temperaturenunterschied

Heute wurde Franzi in die Wüste geschickt
"Und? Was willste heute machen?" fragte Ralf... Eine halbe Stunde später waren wir auch schon mit dem Auto unterwegs. Richtung Osten, ins Landesinnere. Die Temperaturenanzeige meldete frische 19,5˚Grad.

Zuerst ging es über ein paar kurvige Straßen und Hügel nach Julian. Ein mittlerweile verschlafener kleiner Ort, der großartigen Apfelkuchen verkauft und von Kiefernwäldern und Apfelplantagen umgeben ist. Während des Goldrush war es einer der größten Orte hier. Heutzutage treffen sich keine Goldgräber mehr, sondern all jene Motorradfahrer, die die langen, kurvigen Straßen drumherum lieb gewonnen haben. Denn "gerade aus fahren ist langweilig mit dem Motorrad", das meint zumindest Ralf. Und so stand vor jedem kleinen Holzhaus eine Reihe hochpolierter Harley's und sportlicherere Modelle. Hier waren es schon eher sommerliche 26˚

Dass Ralf es liebt, wenn sich ein Fahrzeug so richtig schön in die Kurve legt, hab ich dann kurze Zeit später am eigenen Leibe erfahren dürfen. "Justin hängt jetzt normalerweise schon ganz grün über Bord" "Kann ich mir vorstellen", sagte ich mit einem netten Grinsen, froh darüber, dass mir der Apple Pie nicht wieder hoch kam...
"Mit dem Motorrad geht das doppelt so schnell..."


Dann ging es weiter... Hügel hoch, Hügel runter, Kurve rechts, Kurve links, Kurve rechts, Kurve rechts, Kurve links, Hügel hoch, Kurve links, Kurve rechts... Es ging durch halb grüne Wälder, die irgendwann kahl und teilweise noch schwarz waren, da es dort vor einigen Jahren mal einen Waldbrannt gegeben hatte, bis auf 2000m Höhe hinauf. Von dort aus hatte man eine tolle Aussicht auf das, was wir danach erkundeten: Die Wüste... Jawohl!



Auf dem Weg ins Tal stieg nicht nur zunehmend meine Begeisterung "Sowas habe ich glaube ich noch nie gesehen..." sondern auch die Außentemperatur. 29˚... 30˚... 32˚... 36˚ "Wow! Ich hab sowas nicht nur noch nie gesehen, ich hab sowas auch noch nicht erlebt...!" Bei 38˚ erreichte ich meine Schmerzensgrenze und zum Glück kletterte die Temperaturenanzeige auch nicht mehr weiter nach oben. Alles war einfach nur heiß. "Das ist noch gar nichts. Warte ab, bis der Sommer richtig da ist, dann steigt das Thermometer locker über 40˚!"
Nee nee, vorher mach ich mich wieder aus dem Staub. "Ich weiß schon warum hier keine Häuser stehen", sagte ich altklug. "Warte's ab", sagte Ralf und schon passierten wir ein Schild "Borrego Springs, 12 Meilen"

Die künstliche Bewässerung dieses Dorfes, ist eine größere Wasserverschwendung, als jede morgendliche Dusche, die länger als 15 Minuten dauert. Wer kommt denn auf die Idee sich in so einer unfruchtbaren Umgebung anzusiedeln? Und was macht man da den ganzen Tag, außer sich vor der Sonne zu verstecken?
Aber als ich vor lauter trockener und wirklich heißer Luft alleine schon vom Atmen Durst bekam, hinterfragte ich die Existenz des Wüstendorfes nicht weiter und war einfach nur dankbar für den klimatisierten Store an der Ecke. "Wir sollten Wasser kaufen", sagte ich zu Ralf und erinnerte mich an jene Zeilen in sämtlichen Reiseführern, die ich schon oft gelesen, mich aber noch nie betroffen haben: "Stellen sie sicher, dass sie genug Wasser für zwei Tage dabei haben."

Während ich damit beschäftigt war festzustellen, dass ich doch ein "Nordlicht" bin und solche Hitze nicht wirklich meinem optimalen Lebensraum entspricht und mich darauf zu verlassen, dass die ganzen großen und kleinen Steine bzw. Felsbrocken dort blieben, wo sie wahrscheinlich schon seit hunderten von Jahren lagen und nicht, so wie manche, auf die Straße fielen, oder in diesem Falle auf meinem Kopf- nein, noch schlimmer, auf Ralf's Kopf, der dann die Kontrolle über das Auto verliert und wir... (Ich hasse diese Katastrophengedanken! Kommen die automatisch mit dem älter werden, oder bin ich seit der letzten Reise paranoid?) ... Naja, also während mir all diese Dinge durch den Kopf gingen, bemerkte ich diesen komischen Geruch...

"Gummi", dachte ich. Ralf auch. So, wie der die Kurven nahm, wäre das auch nicht weiter verwunderlich gewesen. Hat manchmal sogar gequietscht... Doch dann fing es vorne an zu qualmen und Ralf gab ein "Oh oh!" von sich.

"Das ist der Kühler. Ich muss gleich mal ranfahren. Aber erst, wenn wir oben bei der Aussichtsplattform angekommen sind" ... Oben bei der Aussichtsplattform??? Ist dieser Typ noch ganz dicht??? Aber dann hielt es auch Ralf für besser, dem Problem gleich auf den Grund zu gehen und fuhr bei der nächsten Haltebucht rechts ran.

"Jo. Der Kühler ist durch." "Alter, mach mich nicht fertig!" und schon spulten sich wieder sämtliche Katastrophenfilme vor meinem inneren Auge ab... Cool bleiben... Was anderes kann man in der Wüste nicht tun.


"Hast du noch Wasser übrig? Das müsstest du mal eben opfern..." Mein Wasser? Opfern? Für ein Auto? In der Wüste??? Oh man... Ich fing an zu grinsen. Das kann doch alles nicht wahr sein!

Der Liter Trinkwasser verwandelte sich also in Kühlwasser und immerhin brachte uns das zurück nach Borrego Springs, wo ich dann bei der nächsten Tankstelle auf dem Damenklo die Flaschen wieder auffüllte. Ich glaube wir haben da mehr als drei Liter in den Kühler gekippt.

Für alle Fälle kaufte ich mir noch eine große Flasche frisches Wasser und schmunzelte an der Kasse über die Schokoladenriegel, die dort verkauft wurden. Wer kauft sich denn in der Wüste Schokolade? Auf die Idee bin ICH noch nichtmal gekommen und meine Nerven hätten diese beruhigende Nahrung mehr als gebrauchen können.. Die schmilzt doch schneller, als du die Packung aufreißen kannst.

"Ich wäre jetzt für den schnellsten Weg nach Hause, Ralf."

Und den nahmen wir dann auch. Zwei Std. später zeigte das Thermometer wieder 20˚Grad an und ich freute mich über meine Gänsehaut.

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